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Die sogenannte Collectio canonum Remensis. Entstehung und Rezeption eines frühmittelalterlichen Rechtsbuchs

Schwerpunkt meiner derzeitigen Forschung ist die Genese der vorgratianischen Kirchenrechtssammlungen und ihr Beitrag zur Normbildung während des europäischen Mittelalters. Ein besonderer Fokus liegt auf der sogenannten Collectio canonum Remensis. Es handelt sich um eine bislang kaum erforschte und unedierte Zusammenstellung von kirchlichen Rechtstexten, die über einen längeren Zeitraum, ca. 550 bis 750, entstanden ist. Heute ist nur noch ein einziger Codex erhalten, der die Sammlung überliefert. Dieser Codex, Phill. 1743, entstand gegen Mitte des achten Jahrhunderts in Bourges und ist heute im Besitz der Berliner Staatsbibliothek. Obwohl die Sammlung nur in einer einzigen Handschrift überliefert ist, ist ihre rechtshistorische Bedeutung größer als bisher angenommen. So lässt sich nachweisen, dass die Sammlung eine komplexe Entstehungsgeschichte hat und von späteren Redaktoren mehrfach überarbeitet und ergänzt wurde. In ihren unterschiedlichen Redaktionsstufen wurde die Collectio Remensis außerdem von Verfassern anderer Kirchenrechtssammlungen (u. a. Collectio Diessensis, Pithouensis, Sancti Amandi, Bellovacensis, Quadripartita) als Quelle verwendet. Vor dem Hintergrund dieser Befunde bietet die Collectio Remensis die günstige und bisher kaum genutzte Gelegenheit, eine historisch geordnete Sammlung auf Grundlage der handschriftlichen Überlieferung im Detail zu untersuchen.

Mein aktuelles Forschungsvorhaben verfolgt zwei Ziele:

1. Sollen die einzelnen Redaktionsstufen rekonstruiert und jeweils in ihrem räumlichen und zeitlichen Entstehungskontext untersucht werden.

2. Soll die Rezeption der Collectio Remensis in späteren Kanonessammlungen und Konzilsdekreten sowie die Umformung des in der Collectio enthaltenen Rechtswissens untersucht werden.

Auf diese Weise soll die Entstehung und Funktion historisch geordneter Kirchenrechtssammlungen am Beispiel der Collectio Remensis und verwandter Sammlungen nachvollzogen werden. Hierdurch soll ein grundlegender Beitrag zum Verständnis eines wichtigen Quellentypus geleistet werden, der erst wenig erforscht ist, obwohl seine Bedeutung für die kirchliche Normbildung während des Früh- und Hochmittelalters kaum überschätzt werden kann.

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