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Hein Sauer: „Die Musiksammelhandschriften aus dem Pfarrarchiv in Neustadt an der Orla“ (Arbeitstitel)

D-WRha Neustadt A, f. 4v, (Mit Genehmigung des Hochschularchivs/Thüringischen Landesmusikar-chivs Weimar)

Das Promotionsprojekt setzt sich ausgehend von den Musiksammelhandschriften aus dem Pfarrarchiv in Neustadt an der Orla mit dem musikalischen Alltag in Neustadt und seiner Einbindung in weitreichende Austauschprozesse in Mitteldeutschland und Mitteleuropa auseinander. Die Musikhandschriften werden hierfür zum ersten Mal vollständig beschrieben und somit für die Wissenschaft erschlossen. Gleichzeitig wird das Musikleben in Neustadt aus seiner Singularität gehoben. Die Neustädter Handschriften sind nicht nur Ausdruck für das städtische Selbstverständnis. Sie zeugen von dem Willen zur Konsolidierung und nachhaltigen Gestaltung des musikalischen Lebens. Der musikalische Alltag wurde von den Akteuren (Superintendenten, Pfarrer, Kantoren, etc.) bewusst gestaltet, wobei sie stets einen Weg zwischen landeskirchlichen Vorgaben, Tradition und Aktualisierung wählten. 

Es werden neun Musiksammelhandschriften des 16. Jahrhunderts behandelt. Sie enthalten ausschließlich geistliche Musik und sind im Umfeld der Lateinschule und der St. Johanneskirche in Neustadt entstanden. Sie bieten einen reichen Fundus für die philologische Arbeit. Die Handschriften werden darüber hinaus ausgehend von der Annahmeuntersucht, dass ihre Materialität auf intendierte kollektiv-praktische Verwendungen hinweist. Der Aufwand des Schreibens, die Wahl des Papiers, die Gestaltung und Ordnung sowie das verwendete Repertoire werden dabei als Ergebnis von bewusstem Handeln im Kontext gesellschaftlicher Konventionen begriffen und nicht als zufälliger Überlieferungszusammenhang. Die Rekonstruktion der Praktiken hinter den Handschriften bietet einen Einblick in die Relevanz von Musik in Kirche und Schule. Diese Prozesse sind kein Neustädter Einzelfall. Die Neustädter Handschriften zeigen durch Inhalt und Form starke Ähnlichkeiten mit anderen mitteldeutschen und lutherisch-mitteleuropäischen Quellen. Die Neustädter Musikpflege wird deshalb auch als Ergebnis von weitreichenden Netzwerken und musikalischen Vorstellungen in Mitteldeutschland des 16. Jahrhunderts verstanden.

Die Analyse der Handschriften in diesem Projekt soll einen Einblick in die Prozesse hinter den Handschriften gewähren und auf diese Weise den musikalischen Alltag einer Stadt wie Neustadt an der Orla fassbar machen und zeigen, wie Musikpflege als Wechselwirkungen zwischen einzelnen Akteuren, lokalen Netzwerken, musikalischen Neuerungen und Konventionen funktionieren konnte.

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