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Die handschriftliche Überlieferung der Dicta Catonis im 8. und 9. Jahrhundert

Glossierte Handschrift der Dicta Catonis (Épinal, Bibliothèque municipale, 74 (161), fol. 121r, Digitalisat verfügbar unter https://galeries.limedia.fr/ark: /18128/d8f6fzb6f0qn8dhq/p246 [Stand 07.08.2024]).

Die Dicta Catonis, ein eher kürzerer, mehrheitlich in Versform verfasster Text, beinhalten belehrenden Anweisungen zu verschiedenen Lebenssituationen und wurden über das gesamte Mittelalter kontinuierlich kopiert und gelesen. Von dieser Präsenz zeugen mitunter die große Anzahl überlieferter Handschriften und volksprachlichen Übersetzungen sowie die zahlreichen Nennungen in mittelalterlichen Bibliothekskatalogen. Die Lektüre des Textes, der vermutlich in der Spätantike verfasst wurde, ist seit dem frühen Mittelalter eng mit dem Schulkontext und dem darin stattfindenden Grammatikunterricht verbunden. Dies legen zum Beispiel Remigius von Auxerres Kommentar, die oftmals von typisch schulischen Paratexten begleiteten Handschriften sowie die Aussage Otloh von St. Emmerams, dass fast alle Lehrer die Dicta Catonis als einer der ersten Lektüretexte verwendeten, nahe.

Betrachtet man die handschriftliche Überlieferung im frühen Mittelalter fällt auf, dass sich besonders das 8. und 9. Jahrhundert durch eine grosse Anzahl überlieferter Handschriften auszeichnen. Abgesehen von der hohen Zahl, welche in den folgenden Jahrhunderten stetig abnimmt, bevor sie im 13. Jahrhundert rasant steigt, findet sich in den Handschriften eine Varianz des überlieferten Textes sowohl in dessen Aufbau als auch im Wortlaut. Diese fällt teils so beträchtlich aus, dass angenommen werden muss, dass verschiedene Fassungen des catonischen Materials zirkulierten. Dieser Umstand ändert sich in den folgenden Jahrhunderten, weil die Varianz schwindet und beinahe nur noch eine der Fassungen, die sogenannte Vulgatfassung, welche die moralischen Anweisungen in vier Bücher einteilt und zwei Prosavorreden voranstellt, überliefert ist.

Angesichts dieser im frühen Mittelalter fassbaren Varianz des Textes drängen sich Fragen auf, welche sich sowohl mit der Textgeschichte als auch dem Überlieferungskontext der jeweiligen Fassungen im 8. und 9. Jahrhundert auseinandersetzen: Inwiefern unterscheiden sich die Fassungen in ihrer Form, ihrer Überlieferung und ihrem Gebrauch? Werden Anpassungen des Textes vorgenommen, welche auf einen bestimmten Gebrauchskontext rückschliessen lassen? Wodurch kann der Erfolg der sogenannten Vulgatfassung erklärt werden?

Diese Fragen zur Überlieferungsgeschichte der Dicta Catonis sollen im Zentrum der Dissertation stehen, wobei die erste umfassende Untersuchung aller Handschriften des 8. und 9. Jahrhundert vorgenommen werden soll. Dabei sollen die Textzeugen zuerst textkritisch untersucht werden, um das genealogische Verhältnis der verschiedenen Fassungen sowie Filiationen von Handschriften herauszuarbeiten. Dies soll anschliessend in Form einer Neuedition präsentiert wird. Darauf aufbauend werden mehrere Fallstudien zur Überlieferungsgeschichte der Dicta Catonis erarbeitet, welche sich mit dem Überlieferungskontext, den Überlieferungswegen und den Gebrauchsformen des Textes beschäftigen.

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