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Frauen in städtischen Ritualen. Handlungsspielräume und Sichtbarkeit der weiblichen Bevölkerung im Spiegel performativer Akte (Arbeitstitel)

Holzstich einer Straßburger Prozession während der Burgunderkriege, in: Konrad Pfettisheim, Geschichte Peter Hagenbachs. Reimchronik der Burgunderkriege, Straßburg 1477. Digitalisat der SBB – SPK, 4° Inc 2208 (GW-Nummer M17616), fol. 9v, URL: https://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht?PPN=PPN820990469&PHYSID= PHYS_0001&DMDID=&view=overview-toc, abgerufen am 2023-12-11.

Spätestens seit Richard Trexlers (1980) und Edward Muirs (1981) Studien zu Florenz und Venedig werden Rituale als Teil der consuetudo einer spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadt angesehen. Allerdings wurde bei den Untersuchungen, die sich der Performanz im Spannungsfeld der städtischen Obrigkeiten annahmen und auf Trexler und Muir folgten, die Rolle der weiblichen Bevölkerung oft nur unzureichend dargestellt.
Die Arbeit soll zeigen, dass Frauen Teil des Ritualismus einer spätmittelalterlichen Stadt waren. Dieser Ritualismus war allerdings von bestimmten Gendernormen geprägt, die durch Konventionen konstituiert wurden. Hier ist ein Forschungsdesiderat hinsichtlich der Entwicklungen, Ursachen und Folgen weiblicher Präsenz und Gestaltungsmöglichkeiten in der consuetudo der performativen Akte einer Stadt ersichtlich. Als Beispiel sei an dieser Stelle die Prozession von 1476 erwähnt, welche die Stadt Straßburg dem Kriegsglück des Herzogs von Lothringen widmete. Die Teilnehmenden wurden in drei Gruppen (Ratsherren – Männer – Frauen) eingeteilt. Am Ende des Zuges mussten die Frauen gehen, vor ihnen trugen die Dominikaner ein Abbild der Maria, das sie an bestimmten Orten präsentierten und dabei eine marianische Antiphon sangen. Durch das Visuelle und das Auditive wurden Vorstellungen von Weiblichkeit konstruiert und öffentlich performativ aufgeführt. Die männliche Bevölkerung lief in der Mitte der Prozession (am Anfang fanden sich die Ratsherren ein), hinter einem von den Franziskanern getragenen Kreuz. Die soziale Konvention über eine Genderhierarchie wurde in die rituelle Ordnung eingebracht und beeinflusste dort die sakrale Hierarchie, indem Christus vor die Maria gestellt wird.
Aus diesen Vorüberlegungen ergeben sich die leitende Forschungsfrage und drei Arbeitshypothesen: Inwiefern beeinflussten Modifikationen des Ritualismus Handlungsspielräume von Frauen im städtischen Raum?
1. Frauen nahmen an bestimmten städtischen Ritualen teil. Ihre Rolle im Ritual wurde durch Konventionen festgelegt. Den Akteur*innen wurde aufgrund ihrer Anatomie ein Status, ihr gender, zugeschrieben, mit dem bestimmte Rollenbilder und Verhaltensweisen assoziiert wurden.
2. Rituale konnten mit sozialen Normen und Werten brechen. Dadurch wurde einerseits der Handlungsspielraum der Beteiligten für gewisse Zeit erweitert, allerdings für die restliche Zeit genauestens festgelegt und somit manifestiert.
3. Änderungen der sozialen Verhältnisse und Änderungen des städtischen Ritualismus bedingten sich gegenseitig.
Fallbeispiel der Arbeit soll das erwähnte Straßburg sein. Die elsässische Stadt bietet eine gute archivalische Überlieferung der städtischen und religiösen Institutionen. Grundsätzlich sollen neben historiografischen Quellen, Ordnungen, Urkunden sowie Protokollen auch Lieder, Gedichte und Predigten untersucht werden. An der Prozession von 1476 ist die Materialität eines Rituals deutlich geworden. Objekte wie das Marienbild besaßen eine exponierte Stellung im Ritual und dürfen daher nicht ignoriert werden. Neben Prozessionen sollen urbane Turniere und Gerichts- sowie Strafrituale näher betrachtet werden.

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