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Esther von Stosch: Westöstliche Dingimaginationen: Perspektivierungen materieller Hybridität in persischen und deutschen Narrativen des Mittelalters

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Alexander lässt den Paradiesstein wiegen Jans Jansen Enikel, Weltchronik, Cod. Pal. germ. 336, fol. 149v (um 1420) Digitalisat der Universitätsbibliothek Heidelberg: https://doi.org/10.11588/ diglit.147#0310

Historische Aufarbeitungsversuche zum komplexen Verhältnis zwischen Europa und dem Nahen und Mittleren Osten werden in der Regel über den Blick auf Kolonialerfahrungen und ihre Fortwirkungen vorgenommen. Dabei bleiben die vielfältigen kulturellen, wirtschaftlichen und kriegerischen Beziehungsgeflechte der Räume im Mittelalter überwiegend unbeachtet. Dies steht im Kontrast zu der Fülle (impliziter und expliziter) literarischer Auseinandersetzungen mit islamisch geprägten Regionen und ihren Bewohner*innen. In diversen mittelhochdeutschen Erzähltexten fallen ambivalente orientalistisch anmutende bewundernd paradiesische und stigmatisierend monströse Imaginationen zusammen und formen eine konventionelle Konstruktion, die sich mit Homi Bhabha kultur- und identitätstheoretisch als hybrid fassen lässt.

Dieses Promotionsprojekt widmet sich solchermaßen hybriden Strukturen in ihrer materiellen Ausgestaltung. Konkret geht es um die ,Dinge‘, die die Heldinnen und Helden auf ihren (abenteuerlichen) Wegen umgeben und die – im Sinne der jüngeren Dingforschung – ihre Handlungsmacht in Bezug auf Figuren-, Raum- und Narrativkonstitutionen entfalten. Eine hybride Dinglichkeit mit Bezugnahme auf mittelalterspezifische Orientalismen in mittelhochdeutschen Texten des hohen und späten Mittelalters wird dazu mit zeitgenössischen persischen Narrativen kontextualisiert und kontrastiert. Es ergeben sich folgende Forschungsfragen, die auf die Ergründung einer kulturübergreifenden Erzählkonventionalität materieller Hybridität abzielen: Welche unterschiedlichen Konventionen weisen die mittelhochdeutschen und persischen Narrative im Blick auf die textuellen Verdichtungen von Materialität, Held und Raum auf? Inwieweit kann Materialität dabei als hybride Konstruktion für Konventionen mittelalterlichen Erzählens transkulturell konzeptualisiert werden? Wie gestaltet sich schließlich der Zusammenhang zwischen Abenteuernarrativen und Orientalismen in der mittelhochdeutschen Literatur und inwiefern finden sich parallele Projektionsprozesse in persischen Kontexten?

Die interdisziplinäre, transkulturelle und transhistorische Perspektivierung hybrider Dingimaginationen in deutscher und persischer mittelalterlicher Erzählliteratur erschließt einen neuen Blick auf die vormoderne Erzählkunst und ihre Konventionen – und möchte damit nicht zuletzt ein umfassenderes Verständnis aktueller Beziehungen, Zuschreibungen und Diskurse erreichen.